Seit Mai 2022 bringen wir Hilfsgüter nach Czernowitz.  Eineinhalb Jahre nach Kriegsbeginn ist die Stadt in der Westukraine weiterhin ein Ziel für Flüchtlinge aus dem Osten und Drehscheibe für Hilfsgüter.

Wir haben die Menschen in Czernowitz schon aktionistisch und hoffnungsvoll erlebt und auch schon wütend und deprimiert. Dieses Mal wirkt es, als funktionierten die Leute nur noch. Unsere Czernowitzer Freundin Natascha, die seit Kriegsbeginn Hilfsgüter sammelt, nickt. „Ja, wir sind müde. Das das ukrainische Militär konnte dieses Jahr keine Verbesserung an der Front verzeichnen, lediglich kleine Gebiete wurden befreit.“

Wir ruckeln mit 10 km/h über altes Kopfsteinpflaster, vorbei an altmodischen Parks, Gebäuden aus dem Sozialismus, abgerockten Grand Hotels aus der Habsburger Zeit und schönen Cafés, die „Vienna“ und „Literatur“ heißen. In der Innenstadt sind alle beschäftigt, viele junge Leute sind unterwegs. Männlich sind nur ein paar Soldaten oder deutlich sichtbar Kriegsverletzte.

„Manche Zugezogene haben dieses Jahr sogar Fabriken, Bars und Cafés eröffnet“, berichtet Natascha. „Gut für die Wirtschaft, nicht so gut für die lokalen Läden“, bedenkt sie. So zum Beispiel neue Filiale der Lviver Bar-Kette „Pyana Vyshnia“ im schwarz-roten Design. In einer kürzlich eröffneten Frühstücksbar, die auf Italien macht, werden wir mit „Buongiorno!“ begrüßt.

Nicht geändert hat sich das Engagement der Bewohner*innen. Alle zwei Tage finden in der Fußgängerzone Kobljanska Straße Konzerte statt, um Geld für das Militär und die Zivilbevölkerung zu sammeln. Auch die Trauerminute für die verstorbenen ukrainischen Soldaten und Zivilpersonen begeht man noch immer täglich um 9 Uhr auf dem Hauptplatz.

„Es ist hart, jeden Tag schlechte Nachrichten zu bekommen, und nicht zu wissen, was morgen ist.“ Im Februar ist Nataschas bester Freund bei Luhansk durch einen Granatsplitter umgekommen. Ihre Mutter lebt in Chmelnyzkyj, das aufgrund seines Militärflughafens ständig bombardiert wird. „Wir leben alle mit der Angst, dass das Telefon klingelt und jemand aus dem nahen Umfeld gestorben ist.“

Czernowitzer Bewohner*innen, die seit Kriegsbeginn umgekommen sind.

Natascha hat ein großes Netzwerk in der Ukraine. Durch ihren ständigen Kontakt zu den Volontär*innen im Osten, Ärzt*innen und Soldat*innen hat sie einen guten Überblick über die Lage in den östlichen Gebieten. Und wir daher auch.

Natascha Lupkina (Mitte) in unserem Lager in Czernivtsi

„Hier in Czernivtsi sind wir mittlerweile einigermaßen ausgestattet. Da unsere Krankenhäuser die Operationen übernehmen, die sonst in Cherson oder Charkiw stattfinden, werden wir etwas besser versorgt als anfangs“. Wir können ihr nicht ganz zustimmen, denn bei Besuchen der Krankenhäuser sehen wir, dass es an vielem mangelt. Aber erstens ist Natascha bescheiden und zweitens ist die Not im Osten einfach größer. Aktuell gäbe es z.B. in Saporischschija kaum mehr Lebensmittel, dort wurden Lebensmittellager bombardiert. Auch in Czernivtsi sind die Lebensmittellager leer.

Natascha wird später die Äpfel in ihrem Garten ernten und auf einen Zug nach Osten packen.

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Mit Geldspenden können wir in Rumänien günstig Lebensmittel kaufen und in die Ukraine bringen.

Wer sich an Lebensmittelkäufen beteiligen mag:

paypal: info@cologne-cares.de

DANKE.